Ehre

Aus Spieltraum
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Dieses Modul soll dazu dienen, Charakteren in einer komplexen sozialen Umwelt, die vor allem durch Schichten wie Bürgertum oder Adel gekennzeichnet ist, mehr Farbe zu geben. Es soll ermöglichen, dass Prestige oder Ruf, Ehre oder Etikette, in einer Kampagne eine zentrale Rolle spielen. Gleichzeitig soll es eine Hilfestellung sein, die Auswirkungen dieses sozialen Geflechts zu simulieren. Es soll aber auch garantieren, dass Charaktere in eine derartigen Welt handlungsfähig bleiben und genug Raum für gewagte Aktionen oder Abenteuer bleibt.

Weitere Regeloptionen sind hier nicht aufgeführt, können aber vom Autor erfragt werden. Dies sind: Auswirkungen von Hochzeiten und von gerichtlichen Anklagen, Regeln für Duelle und Durchführung von Gerichtsverhandlungen.

Grundlegendes

Ehrepunkte

Dreh- und Angelpunkt diese Moduls sind Ehrepunkte (Ehre). Aufgrund der Abstammung, Ausbildung und Anderem erhält jeder Charaktere eine Anzahl an Ehrepunkten, die gewissermaßen als “soziale Hitpoints” fungieren: Durch spezielle (von der Gesellschaft erwünschte) Handlungen, kann man weitere Ehrepunkte gewinnen. Ebenso kann man durch Fauxpas’ und gesellschaftlich unerwünschte Handlungen wieder Punkte verlieren. Diese Punkte bestimmen den sozialen Stand des Charakters und können bei extremem Tiefstand z. B. zu dessen Diskreditierung führen. Auf der andern Seite erhält man bei hohen Werten gewisse Privilegien. Diese schützen einen zum Teil sogar vor Ehreverlusten, die Mitglieder der ‘mittleren Ränge’ betreffen würden. Außerdem gibt es auch die Möglichkeit, sich für Ehrepunkte gewissermaßen ‘Freiheiten’ zu kaufen.

Gesellschaftlicher Hintergrund

Ehrepunkte können verwendet werden in einer Kampagne, in der die Charaktere einer Upper Class angehören (z. B. Adel), die sich durch besondere Etikette oder einen besonderen Ehrenkodex von der übrigen Bevölkerung abhebt. Menschen, die dieser Gruppe angehören, müssen folglich gewisse Regeln beachten, wenn sie keine Nachteile in Kauf nehmen wollen. Eine solche Gesellschaft ist natürlich durch eine gewisse Steifheit ausgezeichnet. Deshalb ist es nur natürlich, wenn sich die Menschen Fluchtmöglichkeiten vor diesen Regelungen suchen. Es muss also eine Sphäre geben, die den Charakteren wieder gewisse Freiheiten gibt. Dies ist besonders für das Rollenspiel sehr wichtig.

Die Kampagne, in der dieses Modul getestet wurde (Die Loge), ist außerdem dadurch gekennzeichnet, dass es viele im geheimen operierende Gesellschaften gibt, aber auch ehrenwerte, öffentliche, Vereinigungen. Ehre wird auch gewonnen, in dem man Ehrenämter übernimmt (auch in derartigen Gesellschaften), angesehene Heldentaten vollbringt (z. B. Duelle, Kriegstaten, wohltätige Handlungen, Eintreten für Staat und Kirche) und Titel erwirbt. Die Upper Class ist noch überschaubar. Man kennt zwar nicht jeden persönlich oder vom sehen, man hat aber schon von sehr vielen Leuten gehört (denen z. T. ein Ruf vorauseilt).

Die Psychologie der Ehrepunkte

Ehrepunkte wirken auf zwei Weisen auf das Verhalten: Die eine ist dadurch bestimmt, wie andere auf einen zugehen, die andere dadurch, welches Selbstbewusstsein man hat.

Hat man durch ehrenvolle Handlungen (die in der Öffentlichkeit vollbracht wurden) neue Punkte gewonnen, so spricht sich das natürlich herum - schließlich kennt man sich. Manches wird vielleicht sogar in Zeitungen veröffentlicht. Begegnet man jemanden von dem man dies weis, wird man ihn natürlich mit der nötigen Ehrerbietung behandeln.

Ehrepunkte wirken aber auch diffiziler. Jemand, der oft mit hoher Ehrerbietung behandelt wird und weis, dass er sehr ehrenhaft handelt, verändert auch sein Verhalten. Er strahlt seinen Status zu einem gewissen Grad aus. Dadurch können sich auch Personen, die nicht von den Taten einer ehrenhaften Persönlichkeit wissen, angemessen ihnen gegenüber verhalten. Dieses selbstbewusstere Auftreten wird von den Charakteren stark verinnerlicht. Es erfordet schauspielerische Leistungen, eine falsche Ehre vorzutäuschen. Nach einem kurzen Gespräch oder Beobachtung kann man den Ehre-Wert eines Charakters auf 5 Punkte genau abschätzen. Dies ist natürlich auch eine Herausforderung an die Spieler: Die Charaktere so darstellen, dass die Ehre geschätzt werden kann, ohne dass die Zahl genannt werden braucht.

In seltenen Fällen kann man auch Ehrepunkte für nicht öffentliche Handlungen erhalten. Dies sind insbesondere Handlungen in geheimen Gruppierungen. Dies begründet sich auf zweierlei Weise: Zum einen wird sich die Handlung zumindest unter ‘Logenbrüdern’ herumsprechen, die die geehrte Person dann auch in der Öffentlichkeit entsprechend behandeln, was dann natürlich weitere Personen (zumindest unbewusst) bemerken. Außerdem wird der Geehrte auf seine Tat stolz sein und dementsprechend von sich aus mit einem größeren Selbstbewusstsein auftreten.

Schichten

Durch Ehrepunkte ergibt sich eine durchgängige Schichtung der Gesellschaft. Außerdem ist aber eine grobe Unterteilung in zwei Schichten möglich: Leute von Ehre und Einfache Leute.

Zu Ersteren gehören (spieltechnisch) alle Charaktere die mindestens 10 Ehrepunkte haben. Die Leute von Ehre gehören im weitesten Sinne der Oberschicht an.

Auch einfache Leute haben Ehrepunkte, in der Regel aber 10 und weniger. Unter einfachen Leuten gelten andere, einfachere Regeln, mit denen sich Leute von Ehre wenig beschäftigen. Nichtsdestotrotz gibt es reichlichen Kontakt zwischen den Schichten, bilden einfache Leute doch einen Großteil der Bediensteten, aber auch der Bauern, Handwerker, Arbeiter und auch einfache Soldaten. Für den Kontakt zwischen den Schichten gibt es wieder eigene Gepflogenheiten, für die weiter unten Vorschläge gemacht werden.

Ambivalenz

Jede Welt mit überzogenen, stilisierten Ehrevorstellungen neigt zu einer gewissen Verlogenheit: Stark eingrenzende Regeln sind nur zu ertragen, wenn man entsprechende Ausnahmen und Freiräume hat. Soll die Welt auch noch rollenspieltauglich sein, also ein breite Palette an Konflikten und Problemen bieten, sind solche Freiräume um so wichtiger. Deswegen gibt es eine öffentliche und eine private Sphäre, in der jeweils verschieden Maßstäbe angelegt werden. Und - um ein weiteres variantenreiches Feld für Finten, Intrigen und Spitzfindigkeiten abzustecken - lassen sich diese Sphären nicht immer eindeutig abgrenzen!

Öffentliche Sphäre

In diesem Bereich gelten die harten Regeln der Etikette. Immer wenn sich ein Charakter in der Öffentlichkeit befindet, hat er sich entsprechend zu benehmen. Verstöße dagegen werden als absichtlich interpretiert und mit Sanktionen belegt (z. B. Verlust von Ehre). Zur Öffentlichkeit zählen grundsätzlich alle Orte, bei denen der Charakter von vielen Leuten von Ehre beobachtet werden kann, mit denen er höchstens flüchtig bekannt ist. Beispiele sind öffentliche Plätze, große Bälle, der Speisewagen im Zug, Theaterbesuche oder öffentliche Empfänge, Restaurantbesuch oder auf der Flaniermeile. Aber auch größere Abendgesellschaften, Reisekutschen, Verhandlungen mit mehreren Geschäftspartnern oder der Aufenthalt in einem Laden können hinzugehören.

Private Sphäre

In dieser Sphäre befindet man sich, wenn sich in der Umgebung des Charakters nur wenige und vertraute Personen aufhalten. Wenn man es vielleicht auch nie schafft, die mühselig eingeübte Steifheit, Förmlichkeit und Etikette ganz abzulegen, so kann man sich doch in der privaten Sphäre entspannt zurücklehnen und sich ‘natürlich’ verhalten. Im Spiel entscheidender ist aber: Man darf über alles reden, Pläne schmieden und vor allem: Pläne durchführen. Bleibt man dabei in der privaten Sphäre, ist praktisch alles erlaubt! Selbst vor einer heimlichen Wohnungsdurchsuchung wird man kaum zurückschrecken, wenn man einen verläßlichen Freund dabei hat.

Gerade dies mag paradox und verlogen erscheinen. Die Charaktere sollten sich in den Abenteuern aber immer wieder Rechenschaft darüber ablegen, dass dies nicht der Fall ist: Gerade wenn man nämlich gemeinsam mit anderen Leuten von Ehre handelt, bedeutet dies, dass man es nicht aus niedrigen Beweggründen für sich selber tut (wie dies bei einfachen Leuten vielleicht der Falle wäre), sondern für eine gute, ehrenhafte Sache. Es ist eben leider so, dass gelegentlich kleine Opfer gebracht werden müssen, um im großen Zusammenhang den wichtigen, ehrenhaften Zielen zum Durchbruch zu verhelfen. Man führt derartige Aktionen nur deswegen heimlich aus, um die Öffentlichkeit damit nicht zu belasten oder zu verwirren - schließlich sind viele wichtige Dinge in aller Offenheit schwer zu erklären oder können gar missverstanden werden... Deshalb wird den meisten Charakteren ein derartiges Verhalten auch nie wirklich ambivalent vorkommen. Sie wissen ja, dass sie Ehrenleute sind und folglich per definitionem nichts unehrenhaftes tun.

Grenzfälle

Es gibt Situationen, in denen man nicht von vornherein sagen kann, ob sie der privaten oder öffentlichen Sphäre angehören. Hier hängt es vom Status und der Interpretation der Beteiligten ab, welcher Sphäre sie angehören. Es gibt also nicht etwa eine dritte Sphäre, sondern eine Grauzone.

Grenzfälle treten auf, wenn nicht zu viele Personen beteiligt sind (unter 16) und die Intensität der Beziehungsverhältnisse in der Mitte rangiert (z. B. Abhängige, gute Bekannte, Kollegen, Partner). Interpretieren alle Beteiligten die Situation als privat, gehört sie ganz klar der entsprechenden Sphäre an. Tendiert lediglich eine Person dazu, die Situation als öffentlich zu interpretieren, hängt es von ihrem Status ab, ob sie tatsächlich der öffentlichen Sphäre angehört: Hat sie mindestens 20 Ehrepunkte mehr als der Ehrenhafteste unter den Verbliebenen, setzt sich seine Interpretation durch. Betrachten dagegen schon zwei Leute die Situation als öffentlich, genügt die Tatsache, dass beide Leute von Ehre sind, um das Ruder zum umschwenken zu bringen.

Die Entscheidung für eine der beiden Sphären erfolgt immer in den ersten paar Sekunden der Grenzsituation und muß durch Gestik, Mimik oder eine Bemerkung zum Ausdruck gebracht werden. Danach ist es nur schwer, daraus auszubrechen. Hierzu muss erst eine neue Situation entstehen (beispielsweise indem eine weitere Person hinzukommt, ein auffälliges Ereignis eintritt oder sich die Gruppe aus irgendeinem Grund auflöst - es genügt nicht, wenn sich eine Person entfernt).

Ehre bei der Charaktererschaffung

Bei der Charaktererschaffung erhält jeder Charakter einen Startwert an Ehrepunkten. Dieser ergibt sich im Wesentlichen aus seiner Vorgeschichte. Dies sind u. A. Abstammung, Ausbildung und der Beruf, den der Charakter offiziell verfolgt. Damit soll auch angeregt werden, diese detailreich zu gestalten. Im Folgenden sind einige beispielhafte Kriterien aufgeführt, die dem Charakter die angegebene Zahl an Ehrepunkte verschaffen. Man sollte keine Hemmungen haben, sie der eigenen Kampagne anzupassen und zu ergänzen. Es sollte hierbei nicht vergessen werden, daß hiervon auch ein starker Steuerungseffekt auf die Charaktererschaffung ausgeht.

Ehrepunkte durch Abstammung

Stand der Eltern Ehrepunkte
Bürgerlich 5 bis 9
Industrielle 5 bis 9
Beamte 10 bis 14
gekaufter Adel 15 bis 19
verarmter Ader 15 bis 19
Landadel 20 bis 24
Militäradel 25 bis 29
Hochadel 30 bis 35

Ehrepunkte durch Ausbildung

Ausbildung Ehrepunkte
Internat, Gymnasium 2
Einzelunterricht 3
Lehre bei Ehrenleuten 3
Universität 4
Militärakademie 5
je gelernte alte Sprache 1
Bildungstechnik Etikette 1
kann Tanzen 1
je angesehene Sportart 1
kann Fechten 1
Kirche 4
Industrie, Handel 3
Wissenschaft, Medizin 5
Kunst 2
Militär 6
Recht, Verwaltung 3
Politik 5
Presse 2

Weitere Ehrepunkte

Kriterium Ehrepunkte
diverse Ereignisse 1W4
spezielle Ereignisse -5 bis +10
je öffentliches Amt oder Titel 1
je Posten in einer bekannten Gesellschaft 1
für den Ruf des Charakters -5 bis +5

Wenn es in der Kampagne ausgeprägte Geschlechterrollen gibt, sollten die Ehre-Werte unbedingt durch das Geschlecht der Charaktere modifiziert werden! Darüber hinaus können auch Heiraten die Werte stark verändern: Standesgemäße Hochzeiten (Ehreunterschied 20 und weniger) gleichen die Werte der Eheleute eher an, durch nicht standesgemäße gehen Ehrepunkte verloren.

Ebenso ist zu bedenken, dass Charaktere mit höherem Alter eine gewisse Würde erhalten. Dies kann man berücksichtigen, indem man bei hohen Geburtstagen zusätzliche Ehrepunkte vergibt.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass es im Normalfall schwierig ist, wenn die Charaktere einer Gruppe sehr verschiedene Ehre-Werte haben. Man sollte deshalb bei der Charaktererschaffung einen Wertebereich angeben, der einzuhalten ist. Dieser Bereich sollte etwa 20 Ehrepunkte umfassen.

Die Ehrepunkte für das Geschäft des Charakters erhält man nur, wenn der Charakter eine passende Ausbildung genossen hat oder schon sehr lange in diesem Geschäft arbeitet.

Ehrepunkte durch Beruf

Betätigungsfeld Ehrepunkte
Industrie, Handel 4
Vermögen Verwalten 5
Recht, Verwaltung 4
Politik 6
Kunst 3
Kirche 5
Militär 7
Wissenschaft, Medizin 6
Presse 3

Wodurch verändert sich die Ehre?

Die Ehre verändert sich nur durch Handlungen in der öffentlichen Sphäre. Hierzu zählen manchmal aber auch Handlungen, die in einer geheimen Gruppierung des Charakters vollbracht wurden.

Im Folgenden werden einige Möglichkeiten zur Veränderung der Ehre vorgeschlagen. Auch dies sollte selbstverständlich der Kampagne angepasst werden. Bei entsprechenden Ereignissen bekommt ein Charakter in der Regel eine Punkt oder verliert einen. Bei schweren Fällen können aber bis zu 10 Punkte abgezogen werden. Bei besonders großen Taten können auch bis zu 3 Ehrepunkte gewonnen werden.

  • Duelle: Werden in der Regel nach festgelegten Regeln mit dem Degen oder speziellen Pistolen ausgetragen. Die Teilnahme ist ehrenvoll und ein Ehreverlust kann damit ausgeglichen werden. Duelle sind meist so angelegt, dass sie nur in Ausnahmefällen tödlich enden.
  • Hohe Minne: Die Verehrung einer schönen, edlen und reinen Frau (natürlich rein asexuell) ist eine Sache von großer Ehre, vor allem, wenn sie öffentlich zur Schau getragen wird und Beachtung bei der Angebeteten findet.
  • Krieg: Heldentaten im Krieg bringen Orden, und Orden bringen Ehrenpunkte.
  • Einsatz für Schwache: Selbstloser Einsatz für Kranke, Arme oder Schwache steht jederzeit hoch im Kurs.
  • Einsatz für ehrenwerte Persönlichkeiten: Die Aufopferung für ehrenvollere Personen ist nicht nur ein Beweis für deren Ehre, sondern auch für die eigene edle Gesinnung (eine Person von hoher Ehre wird es gelegentlich leicht haben, andere zu finden, die für sie den Kopf hinhalten).
  • Freundesdienst: Wer, um einem guten, öffentlich erklärtem und bekanntem Freund zur Seite zu stehen, Nachteile in Kauf nimmt, kann sich der Würdigung sicher sein.
  • Verteidigung von Staat und Kirche: Wer sein Bestes gibt, um zum Wohlergehen seines Staates beizutragen oder die Kirche vor Anfeindungen zu schützen, ist sich des Dankes der Autoritäten gewiss.
  • Fauxpas’: Gelegentliche Missachtung des Benimm tragen nicht unbedingt zum Wohlgefallen in der Öffentlichkeit bei. Laute Auseinandersetzungen in den Fluren von Hotels, unangemessene Forderungen an andere Leute von Ehre, oder gar das Versäumnis, zwei Gäste der Abendgesellschaft einander vorzustellen, sind schon ernste Beispiele.
  • Schlechter Ruf: Wenn die gesellschaftlichen Patzer System haben oder gar bekannt wird, dass sich der Charakter in schlechter Gesellschaft befindet, kann dies nicht ohne Auswirkung auf die Ehre bleiben. Geht gar das Gerücht, dass der Charakter unehrenhafte Ziele verfolgt, wird es Zeit, dass er einige Punkte verliert. Auch schon der Besuch eines falschen Etablissements oder Spielschulden haben zum schlechten Ruf ehrenwerter Gentlemen beige-tragen.
  • Kavaliersdelikte: Manche Handlungen können dann eben doch mit dem Gesetz in Konflikt stehen. Glücklicherweise fallen hierunter Straftaten, die bei einfachen Leuten weniger Gnade erfahren. Einen Ehrepunkt kann es schon mal kosten, wenn es rauskommt.
  • Verbrechen: Natürlich können auch Ehrepunkte verloren gehen, wenn man eines Verbrechens beschuldigt oder verurteilt wird. Was als Verbrechen gilt und wie Gerichte funktionieren, ist natürlich Sache der Kampagne. Man sollte natürlich beachten, dass es bei einer Verurteilung einige Möglichkeiten geben sollte, sich elegant aus der Affäre zu ziehen, zumindest Freiheitsstrafen durch eine angemessene Kaution umgehen können. Nichtsdestotrotz kann schon die Anklage Auswirkungen auf die Ehre haben. In der Tabelle Ehreverlust durch Anklagen wird zugleich ein Beispiel gegeben, welche Möglichkeiten es mit Ehrepunkte noch gibt. Der Verlust hängt sowohl von der Ehre des Klägers, als auch der des Angeklagten ab. Kommt es zu einer Verurteilung, gehen je nach Schwere des Verbrechens noch mehr Ehrepunkte verloren.

Ehreverlust durch Anklagen

K: Ehreverlust für den Kläger, A: Ehreverlust für den Angeklagten
Ehre des Klägers Ehre des Angeklagten
bis 10 11-20 21-30 31-40 41-50 51-60 61-70 71-80 ab 80
bis 10 A -3 K -1 K -1 K -2 K -2 K -3 K -4 K -5
11-20 A -3 A -2 K -1 K -1 K -2 K -2 K -4 K -4
21-30 A -3 A -2 A -2 K -1 K -1 K -2 K -3 K -4
31-40 A -3 A -2 A -2 A -1 K -1 K -1 K -3 K -3
41-50 A -3 A -2 A -2 A -1 A -1 K -1 K -2 K -3
51-60 A -3 A -2 A -2 A -1 A -1 A -1 K -2 K -2
61-70 A -3 A -2 A -2 A -1 A -1 A -1 K -1 K -2
71-80 A -3 A -2 A -2 A -1 A -1 A -1 K -1 K -1
ab 80 A -3 A -2 A -2 A -1 A -1 A -1 K -1 K -1

Bei leichteren Fällen von Fauxpas' kann es sinnvoll sein, den Würfel entscheiden zu lassen, ob ein Punkt verloren geht oder nicht. In diesem Fall bietet sich die folgende Regel an, die auch in anderen Situationen sinnvoll sein kann:

Ehre-Proben*

Eine Ehre-Probe kann durchgeführt werden, um beispielsweise eine Peinlichkeit herunterzuspielen oder um Einfluss geltend zu machen. Für diese optionale Regel muss zuerst der Gruw bestimmt werden. Will man diese Regel häufiger anwenden, sollte man sich den Ehre-Gruw mit auf das Fertigkeitsblatt schreiben (am besten als kampagnenspezifische Skala). Den Ehre-Gruw erhält man, indem man die Anzahl der Ehrepunkte durch fünf teilt und aufrundet. Ein Charakter mit 39 Ehrepunkten hat auf Ehre also Gruw 8.

Pflichten der Ehre

Bei den Pflichten der Ehre steht natürlich die Einhaltung der Etikette oder des Ehrenkodex an erster Stelle. Hier ist der Spielleiter bzw. die Spielrunde gefordert, dies entsprechend auszugestalten. Lohnend wird dieses Modul nämlich dann, wenn der Ehrenkodex tatsächlich in die Handlungen der Charaktere einfließt und er deren Hintergrund bestimmt, ja sogar zur Grundlage von Abenteuern werden kann. Als Spielmaterial kann hierfür gut ein Benimm-Buch verwendet werden, insbesondere wenn es aus älteren Tagen stammt. Hat man ein solches, ist es übrigens sehr reizvoll, vor jeder Session eine kurze Passage in der Gruppe vorzulesen.

Erfahrungsgemäß sind die Spieler – wenn sie sich einmal an die Etikette gewöhnt haben – relativ unsicher, wie sie mit einfachen Leuten umgehen sollen. Wichtig ist vor allem, dass sie keine Berührungsängste bekommen (nach dem Motto: “Es geziemt sich nicht, mit dem Pöbel zu reden!”) – für ein gutes Abenteuer ist es durchaus notwendig, dass sich die Spielercharaktere auch mit einfachen Leuten kommunizieren. Den Spielern sollte bewusst sein, dass die Mehrheit der Bevölkerung zu dieser Schicht gehört und man im Alltag durchaus oft mit ihnen zu tun hat. Als Hilfestellung sollen hier einige Verhaltensvorschläge gemacht werden.

Grob gesagt verhalten sich einfache Leute gegenüber Ehrenleuten ein wenig wie ältere, artige Kinder gegenüber Erwachsenen. Sie geben sich Mühe, die Wünsche von Leuten von Ehre zu erfüllen. Gleichzeitig sind ihre Herren natürlich bemüht, ihnen gegenüber wohlwollend (aber bestimmt) zu sein und nur Wünsche zu äußern, die verstanden und bewältigt werden können. Persönliche Gespräche sind dagegen selten und kurz oder oberflächlich. Gelegentlich fragt man vielleicht nach Ansichten, aber Diskussionen oder intime Gespräche kommen nicht in Betracht. Bei Aufträgen (insbesondere solchen seltsamen, die mit dem Abenteuer zu tun haben) sollte man einfachen Leuten immer klarmachen, dass es für eine gute Sache ist (sonst zweifeln sie vielleicht an der Ehre ihrer Auftraggeber, und schließlich gehorchen sie ja gerade dank der Ehrenhaftigkeit der Charaktere). Trinkgelder bzw. Bezahlung werden freizügig gewährt, ohne dies großartig auszuhandeln oder darauf hinzuweisen. Die Spieler sollten nicht vergessen, dass es auch unter einfachen Leuten immer gut geeignete Helfer gibt. Mann muss natürlich fair sein (jedoch: mancher ist käuflich oder lässt sich unter Druck setzen). Bei Bedarf kann es notwendig sein, sich in sehr einfacher Sprache auszudrücken, damit der geäußerte Wunsch überhaupt verstanden wird.

Ein wenig ändert sich die Situation, wenn man auf einfachen Leute trifft, die gerade im Auftrag einer anderen ehrenhaften Person auftreten. Hierzu gehört insbesondere, keine Unhöflichkeiten gegenüber seinem Herrn zu äußern oder etwas einzufordern, was seinem Herrn mißfallen könnte. Selbstverständlich lässt man schöne Grüße ausrichten. Es ist ohne weiteres möglich, dass einfache Leute Geschäfte für ihren Herren aushandeln oder abwickeln. Beauftragt man aber eine einfache Person mit einem großen oder besonderen Geschäft, sollte man der ehrenhaften Person, mit der sie verhandeln soll, vorher mitteilen, dass dies auf ausdrücklichen Wunsch geschieht, da es eher unüblich ist.

Vorteile der Ehre

Die Vorteile einer hohen Ehre sind vielfältig. Hier ist es vor allem Sache der Spieler, die Zahlenwerte vernünftig zu interpretieren. Dies ist sehr wichtig, um der Falle zu entgehen, bei Charakterbeschreibungen mit den Zahlen um sich zu werfen. Vielmehr sollten sich die Charaktere ihrer Punktzahl entsprechend verhalten, so dass andere Spieler tatsächlich die Möglichkeit haben, die Ehre einzuschätzen.

Darüber hinaus steht es dem Demiurgen natürlich frei, seine Kampagne mit einer Reihe weiterer Auswirkungen der Ehre zu versehen. Hier einige Vorschläge:

  • Bekanntheitsgrad: Charaktere werden bekannter, wenn sie mehr Ehrepunkte haben. Das bedeutet nicht nur, dass sie mit mehr Menschen bekannt sind, sondern dass viele schon von dem ehrenvollen Charakter gehört haben, ihn möglicherweise sogar erkennen. Das kann natürlich sowohl vorteilhaft als auch ungünstig sein. Im Zweifel kann durch eine Ehre-Probe ermittelt werden, ob ein Charakter bekannt ist.
  • Einfluss: Ehrenvollere Charaktere haben mehr Einfluss. Wird in einer Stadt jemand gesucht, um öffentliche Angelegenheit zu klären oder ein Amt zu bekleiden, werden ehrenvollere vorgezogen. Holt man sich von mehreren Charakteren Rat ein, so wiegt die Meinung ehrenvollerer Personen schwerer. Ist in einer Diskussion nicht klar, welche Seite die besseren Argumente hat, hat wahrscheinlich diejenige mit der höheren Ehre recht. Bringt man in einer problematischen Situation sinnvoll klingende Vorschläge, sind sie wahrscheinlich angemessen, wenn man ehrenvollen ist.
  • Kommunikationsvorteile: Bei kommunikativen Fertigkeiten (siehe z. B. Sprachen, Auftreten, Redekunst) sind ehrenvollere Charaktere im Vorteil. Je volle 10 Ehrepunkte Unterschied erhält der ehrenvollere Modi+1 auf die Proben.
  • Befehle und Entgegenkommen: Beträgt der Ehre-Unterschied zwischen zwei Charakteren mehr als 10 Punkte, so sollte sich der weniger ehrenvolle Charakter Mühe geben, dem ehrenvolleren hilfreich zur Seite zu stehen. Beträgt der Unterschied gar mehr als 20 Punkte, so steht es dem Ehrenvolleren zu, einfache Wünsche anzudeuten, von den er glaubt, der andere könnte sie erfüllen. Dieser ist verpflichtet die Andeutungen zu verstehen und ihnen nachzukommen, wenn es für ihn mit vertretbarem Aufwand zu erledigen ist. Ab 30 Punkten muss er sich auch bei lästigen Wünschen bemühen.
  • Gefallen: Hohe Ehre bedeutet oft, dass es viele gibt, die dem Charakter noch etwas schulden - beispielsweise einen Gefallen. Vielleicht ist ja der Zeitpunkt dafür gekommen, da ein solche Gefallen den Preis von einem Ehrepunkt aufwiegt.
  • Einkaufen mit Ehre: Man sollte beachten, dass Ehrepunkte auch ein wertvolles Kapital darstellen, das sich auszugeben lohnt (insbesondere, wenn man Möglichkeiten hat, es sich wieder zu beschaffen): In manchen Situation lohnt es sich, einen Ehrepunkt zu verlieren, wenn dafür etwas herausspringt. Man kann es durchaus unterlassen, dem Wunsch eines Ehrenvolleren nachzukommen, wenn er zur Unzeit erfolgt (vielleicht sogar mit dessen Absicht?). Das sollte doch einen Punkt wert sein! Oder, um eine Sache elegant aus der Welt zu schaffen - so etwas kann es rechtfertigen, bei einem Kavaliersdelikt ertappt zu werden. Natürlich sollte bei solchen Fällen nicht bekannt werden, dass sie kühler Überlegung folgen - das würde ja das öffentliche Vertrauen in die Ehre untergraben...
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